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Update aus Lesbos

Heute meldet sich nochmal Thea von den Jesus Freaks Leipzig mit einem kleinen Update aus Lesbos.
Ich bin nun seit guter eine Woche hier und die Ereignisse haben sich seitdem und schon davor überschlagen.
Nach wie vor hängen mittlerweile ca. 20.000 Menschen monate, eher jahrelang in Lagern wie Moria fest. Ein Ort, der von Amnesty International als “KZ-ähnlich” beschrieben wird. Ein Ort der Gewalt, der Unterversorgung. Ein Ort, an dem sich Kinder nicht selten versuchen das Leben zu nehmen.

Die Öffnung der Grenzen von Seiten der Türkei hat dazu geführt, dass der griechische Grenzschutz plötzlich freigedreht ist. So gibt es Bilder und Berichte von massivem Einsatz von Tränengas, auch gegen Kinder. Es wird geschossen, als Abschreckung. Dabei soll jedoch mindestens ein Mensch gestorben sein. Jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe, liegt am Hafen von Mytilene/Lesbos ein großes Militärschiff – vollgepackt mit mehreren hundert Geflüchteten, denen bei ihrer Ankunft der Anspruch auf einen Asylantrag verwehrt wird. Eine Familie davon hat letzte Woche ihr Baby verloren – es ist auf dem Weg im Meer ertrunken.

Hinzu kommt, dass seit zwei Wochen ein rechtsradikaler, gewaltvoller Mob an Griech*innen und internationalen Rechtsextremen durch die Straßen zieht. Sie blockieren die Straße nach Moria, und errichten Checkpoints. Sie ziehen durch die Straßen und zerstören Häuser und Autos von Hilfsorganisationen vor Ort. Sie verprügeln Geflüchtete und haben auch Helfer*innen den Kampf angesagt. Obendrein wurde nun alle Behörden für Geflüchtete für 4 Wochen lang wegen des Corona Virus lahm gelegt.
Was wir hier erleben ist die Schande Europas. Die Lage ist verfahren, viele Organisationen haben ihre Arbeit niedergelegt und die Insel verlassen. Dadurch wird die Situation für die Menschen aus Moria umso schlimmer. Obwohl sie viel schlimmer gar nicht werden konnte. Letzte Woche wurde ein großes Bildungs-und Freizeitzentrum angezündet. Ein riesiges Feuer entstand.
Ein riesiges Feuer, das uns alle fassungslos machte. Ein weiterer Vorfall, der die Frage groß werden lässt:
WAS SOLL NOCH PASSIEREN?

Viele Menschen fragen mich, was wir jetzt brauchen. Und ich habe gerade keine Antwort. Denn wir brauchen gerade kein Geld, keine guten Worte von den Leuten „da oben“. Wir brauchen keinen Hass und keine Gewalt. Was wir brauchen ist eine politische Lösung!
Wenn die EU keine politische Lösung herbeiführt, wird diese humanitäre Katastrophe weitergehen und sich noch mehr zuspitzen.Was ihr machen könnt? Druck ausüben, auf die Straße gehen, Petitionen unterschreiben, Menschen informieren.

ES GIBT HOFFNUNG
Pikpa ist das Camp, in dem ich arbeite. Dort ist es noch immer friedlich. Glücklicherweise liegen wir 5 km geografisch von den Hauptschauplätzen entfernt. Dennoch organisieren wir Nachtschichten um sicherzugehen, dass die Leute geschützt sind und Hilfe gerufen wird sobald es dort einen Übergriff gibt.
In all dem Elend, in aller Gewalt, in all der Bedrohung erleben wir überall Funken voller Hoffnung. Letzte Woche gab es auf dem zentralen Sappho-Platz eine Versammlung für die Freiheit und für die Hoffnung. Ein Chor aus Griech*innen, Geflüchteten und Freiwilligen hat Friedenslieder gesungen – der selbe Chor, der vor ein paar Wochen auf einer Demo gegen die Umstände in Moria inmitten der Demonstrierenden gesungen hat. Und während sie unter Hunderten musizierten und ihrem friedlichen Protest Ausdruck verliehen, fiel eine Tränengasbombe neben der Chorleiterin mit ihrem Akkordeon. Aber sie sangen weiter. Und sie zeigten ihr Gesicht. Während sich die Chorleiterin vom Tränengas übergab, sangen die Menschen weiter und halten noch immer an der Hoffnung auf Veränderung fest.

✌️We shall overcome. We are not afraid. We shall live in peace.✌️

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Alle Fotos von Knut Bry

 

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