Jesus – Der Jude

Jesus wurde in die Religion und Kultur des Judentums hineingeboren. Er wuchs mit jüdischen Glaubenstraditionen auf. Seine Lehren sind ohne seine Verwurzelung im Judentum nicht zu verstehen.

Jesus wurde in die Religion und Kultur des Judentums hineingeboren. Er wuchs mit jüdischen Glaubenstraditionen auf und seine Lehren sind ohne seine jüdische Herkunft nicht zu verstehen. 

Menschen tendieren dazu, in Jesus die Charakterzüge und Eigenschaften zu sehen, die sie sehen wollen. Für Viele ist es der holde Bube im lockigen Haar: das blonde kleine Christkindlein, das liebenswürdig und gütig Geschenke bringt, sich ansonsten aber nicht viel ins Leben der Menschen einmischt.
Ein Tiefpunkt an Jesusbildern wurde während der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland erreicht, als der „arische Jesus“ verkündet wurde und versucht wurde, den Gottesdienst von Wörtern wie „Amen“ und „Halleluja“ zu „entjuden“, weil diese Begriffe ursprünglich aus der hebräischen Sprache kommen.
Diese schlimmen Tiefpunkte korrigieren immer wieder die Jesusbilder, die Menschen unweigerlich in ihren kulturellen Vorstellungen haben: Jesus war als Jude seiner Zeit höchstwahrscheinlich weder blond, noch hatte er eine helle Hautfarbe oder die blauen Augen, mit denen er demütig von den Gemälden der Kirchengeschichte herabblickt.

Jesus lässt sich nicht ohne das Judentum seiner Zeit verstehen. Das Frühchristentum hat das sehr gut erkannt, indem es die Bibelschriften, die Jesus kannte, als Teil der christlichen Bibel bewahrte. Dieser Teil, das sogenannte „Alte Testament“ ist keineswegs lediglich der Hintergrund, auf dem Jesu Taten und Lehre verständlich sind. Indem es dem „Neuen Testament“ vorangestellt wurde, ist festgehalten worden, dass es die Voraussetzung ist und bleibt.

Gott hat offensichtlich die jüdische Kultur und Religion für den Wirkungsort Jesu ausgewählt. Jesus blieb mit dem, was er verkündete, innerhalb der jüdischen Traditionen. Sein „Vaterunser“ ist im Grunde ein Psalmgebet, seine Gleichnisse sind denen sehr ähnlich, die von den Rabbis seiner Zeit gelehrt wurden. Jesus verbrachte viel Zeit in Synagogen und hatte freundschaftliche Kontakte mit den frommen Gelehrten aus der pharisäischen Bewegung, mit denen er Gemeinschaft beim Essen und in vielen theologischen Gesprächen und Diskussionen pflegte. Er stand ihnen in vielen Aspekten sehr nah, nahm aber Manches nicht so ernst wie sie. Dennoch: die Streitgespräche, die er führte, sind als Beitrag einer innerjüdischen Debatte zu sehen.

Einer der Punkte, in dem das Judesein Jesu deutlich wird, ist der Glaube an Gott als befreiende Kraft für die Menschen, die das Christentum fast vergessen hat. Dass Gott das Elend des versklavten Volks in Ägypten sah und eingriff, um zu retten und zu befreien, feiert das Judentum jedes Jahr mit dem Fest Pessach. Es ist auch eine der Hauptlinien in der Botschaft Jesu: Dass Gott mitleidet, wenn Menschen Unterdrückung und Leid erfahren und dass Gott Rettung aus Hoffnungslosigkeit anbietet.

Wenn du bislang dachtest, das „Alte Testament“ sei veraltet und erledigt, dann lies mit Jesu Perspektive die wertvollen Befreiungstexte, wie Gott mit Zeichen und Wundern dafür sorgt, dass Menschen von dem frei werden, was sie in einem elenden und beschränkten Leben kleinhalten will: Von Neid, Vergleichsdenken, Selbstzweifel, Schuldgefühlen, Gewaltherrschaft, Hierarchien und vielem mehr.
Als Jesus mit seinen Leuten sein letztes Pessach-Fest feierte, stand er mit seinem Leben für diese Gottheit ein, die von alledem befreit und durch die eine Gemeinschaft ohne diese Beschränkungen möglich ist. Du bist herzlich eingeladen, Teil dieser Gemeinschaft zu sein.

Einige Stellen aus der Bibel zum Nachlesen

Exodus 3 und 4: Gottes rettet Israel aus dem Elend der Unterdrückung

Lukas 22,7-30: Jesus feiert das jüdische Pessach-Fest als letztes Abendmahl

Psalm 96 bis Psalm 103 kann mit dem Gebet verglichen werden, das Jesus seine Gruppe gelehrt hat: Matthäus 6,9-13. Fast alle Aspekte, die Jesus in Kurzform zu seinem „Vaterunser“ zusammengefasst hat, sind aus den Psalmen inspiriert.

Matthäus 5,17: Jesus sagt, er sei gekommen, um das Gesetz zu „erfüllen“. Der Vers wurde oft missverstanden, dass Jesus damit das Gesetz erledigt oder abgeschafft habe – das Gegenteil ist jedoch der Fall: Nach den Weisungen Gottes zu leben, ist eine Aufgabe, die alle jüdischen Menschen zu erfüllen versuchen! Jesus verdeutlicht hier, dass er sich als gesetzestreuer Jude begriff.

Videos und Texte zum Thema

Text von Volker Menke über Jesu Verhältnis zu Schriftgelehrten und der pharisäischen Reformbewegung

Video von Katrin Juschka über Jesu Herkunft und Beruf: Wie sah Jesus aus? (18 Min.)


Text: Dr. Katrin Juschka

Gestaltung: David Bahne


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Jesus war Gottes Sohn. Er wurde als Mensch auf dieser Erde geboren so wie du und ich. Er war einerseits ein ganz normaler Mensch und andererseits irgendwie doch nicht, denn mit ihm kommt Gott den Menschen einzigartig nahe und setzt ein großartiges Zeichen.