Ich bin ein Hirte

hirteWeihnachten trifft mich eigentlich immer plötzlich zwischen meinem Alltagskram, zwischen Freunden, Aufgaben und Terminen. Da ist nix mit Vorbereitungszeit. Ich habe keinen langen Weg zurück gelegt, wie Maria, die quasi neun Monate mit Weihnachten schwanger war. Oder die Weisen, denen das so wichtig war, dass sie sich auf diesen weiten Weg gemacht haben. Die ich bewundere, aber neben denen ich mich regelmäßig schlecht fühle – gescheitert an dem Anspruch, mich angemessen vorzubereiten. Eher so plötzlich wie der Engelschor, der die Hirten aus dem Schlaf reißt: Hilfe, nächste Woche ist ja schon Dezember! Dann ist Weihnachten da und ich soll trotzdem zur Krippe kommen. Mitten aus dem Alltag sagt der Engel: „Fürchte dich nicht“, der Stall ist bei mir gleich um die Ecke und dann stehe ich da, an der Krippe und bin überwältigt, wie nahe Gottes Gegenwart meinem Alltag ist: Mein König kommt zu mir. Egal, ob es gerade rein passt. Oder alle Erwartungen erfüllt worden. Oder aufgeräumt ist.

Ich bin auch ein Hirte, wenn ich in mich hineinschaue. Als eine der ärmsten Bevölkerungsgruppen waren sie häufig auf diverse halblegale Nebenverdienste angewiesen. Und zu denen kommt das Sondereinsatzkommando. Nicht ein Stern, oder ein Engel, – nein, für die, die jede Menge Dreck am Stecken haben, wird das volle Aufgebot der himmlischen Heerscharen aufgefahren.

Ich bin nicht durch die Advents-Vorbereitungszeit mit Herz und Seele im Weihnachtsmodus – eher gerade wieder dreimal mit meinen Lieblingssünden auf die Nase gefallen. Trotzdem bekomme ich meine Extraportion himmlische Heerscharen. Und dann sind sie da, singen ihr Hosianna in der Höhe auch in meinem Herzen und scheren sich nicht drum, ob‘s das jetzt verdient hat, oder ob‘s gerade rein passt, singen ihr Ehre sei Gott in der Höhe auch mitten im Dreck, in der Nacht, in der Kälte zwischen Wut, Frust, Sorgen und Unsicherheiten. Und dann bin ich mal wieder froh, dass ich nicht zu entscheiden habe (ich würd wohl nicht kommen – hät‘s gar nich verdient!) wohin das Kind in der Krippe kommt.

Danach gehe ich wieder zurück in meine Geschäftigkeit, an der sich meistens auch nichts geändert hat. Aber ich habe noch eine ganze Weile die himmlischen Heerscharen im Ohr. Und aus Erfahrung weiß ich inzwischen: Die kommen wieder!

Beate, Jesus Freaks Chemnitz

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